1080 Uhlplatz
1893-1898
Im ausgehenden 18. Jahrhundert verzeichnete Wien eine rasante Bevölkerungszunahme und viele der noch brachliegenden Flächen innerhalb des Linienwalls (heutiger Gürtel) wurden in Bauland umgewandelt. So entstand 1800 der Vorort Breitenfeld, der 1850 gemeinsam mit weiteren Vororten als 8. Bezirk Josefstadt in die Stadt Wien eingemeindet wurde.
Bei der Parzellierung des neuen Areals wurde von Anfang an der Bennoplatz für den Bau einer Kirche bestimmt. Das Projekt einer Kirchenerrichtung wurde mehrmals in Angriff genommen, aber erst 1883 wurde mit der endgültigen Planung eines Neubaus begonnen.
Bereits 1863 war die Verlegung des Bauplatzes direkt an den Linienwall beschlossen worden und da das Pfarrgebiet auch Teile der Vororte Ottakring, Hernals und Währing miteinbezog, wurde die Ausrichtung der künftigen Kirchenfassade stadtauswärts festgelegt. Letztlich erwies sich allerdings der neue Standort als denkbar ungünstig. Denn ab 1873 wurde mit der Schleifung des Linienwalls und der Errichtung der Gürtelstraße begonnen. Die Streckenführung der gleichzeitig geplanten Stadtbahn durchschnitt nun das Pfarrgebiet und insbesondere die erwartbare ästhetische Beeinträchtigung des geplanten Kirchenbaus stieß auf heftige Kritik. Die vom späteren Bürgermeister Karl Lueger unterstützte Forderung, die Stadtbahn in diesem Bereich als Untergrundbahn auszuführen, blieb jedoch ungehört. Als Kompromiss wurde schließlich an Stelle des vorgesehenen massiven Viaduktbogens eine Eisenkonstruktion mit drei Durchfahrten geplant.
Bevor noch ein Wettbewerb ausgeschrieben wurde, legte 1883 Viktor Luntz, der später die Jubiläumskirche im 2. Bezirk errichtete, dem Cultusministerium den Entwurf für einen neogotischen Kirchenbau vor, für den er in Folge weitere drei Varianten ausarbeitete. Da allerdings gotische Stilmerkmale nur durch teure Steinmetzarbeit herstellbar waren, lehnte der Wiener Gemeinderat alle Varianten ab und beauftragte Luntz, einen kostengünstigeren Entwurf auszuarbeiten. Daraufhin plante er – wie sämtliche Kollegen in einer ähnlichen Situation – einen Kirchenbau im weniger aufwändigen neoromanischen Stil. Neuerliche Änderungswünsche ablehnend, übertrug er den Auftrag seinem Freund und Schwager Alexander Wielemans, der einen Entwurf im Renaissancestil erarbeitete, der schließlich 1893 auch realisiert wurde.
Wielemans hat die außergewöhnliche Wahl des Renaissancestils nie begründet. Er war, wie sein Schwager Luntz, ein Schüler von Friedrich Schmidt, der mit seinen neogotischen Ziegelbauten entscheidende Maßstäbe im Wiener Kirchenbau gesetzt hatte, an denen sich auch die nächste Architektengeneration augenscheinlich orientierte. Vielleicht wollte Wielemans einen eigenständigen Akzent setzen – bei der Konzeption des Baukörpers hielt er sich hingegen getreu an den von seinem Lehrer vorformulierten basilikalen Topos mit einem Querhaus und einer Zweiturmfassade in neogotischer Sichtziegelbauweise. Letztendlich ersetzte er nur die gotischen Zitate durch stiltypische Formulierungen der Renaissance – wodurch der im Kirchenbau im Prinzip verpönte Stil generell auf keinen Widerstand stieß.
Die vertikale und horizontal Gliederung der Renaissancearchitektur aufgreifend, hat er auch mit dem Portikus am Haupteingang, den Säulchengalerien, Rosettenfriesen aus Terrakotta sowie den weiß verputzten Mauerfeldern typische Merkmale der Renaissance eingesetzt.
Wie alle Architekten des Historismus bediente sich Wielemans der neuesten technischen Errungenschaften und Materialien. Um der Forderung nach Kostengünstigkeit nachzukommen, plante er nicht nur die Turmhelme, sondern auch das Kirchendach als Eisenkonstruktionen, da dieses Material weniger dicke Mauern und eine geringere Tiefe der Fundamentierung erforderte als eine Holzkonstruktion. Die Eisenkonstruktion erlaubte ihm zudem eine extreme Verbeiterung des Mittelschiffes und damit der aktuellen Forderung nach einer guten Sicht zum Altar für alle Gläubigen nachzukommen.
Das Kircheninnere zeigt Stuckdekorationen nach Renaissancevorbildern und auch die weitgehend vom Architekten selbst entworfene Ausstattung zeigt diese Stilmerkmale.
Wielemans hat die einzige Neorenaissance-Kirche Wiens realisiert. Gleichzeitig erbaute er im 16. Bezirk die Neuottakringer Pfarrkirche im neogotischen Stil, dem ebenfalls Schmidts Kirchenbautypus zu Grunde gelegt ist. – Die Ähnlichkeit der beiden Kirchen bietet einen interessanten Einblick in die historistische Entwurfspraxis.