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Aktuelle Seite: 20., Brigittaplatz Brigittakirche
WS-20.2
20. Bezirk - Brigittenau

Friedrich Schmidt

1867 - 1873

Der kleine Vorort Brigittenau war bis 1900 ein Teil des 2. Bezirks Leopoldstadt, der auf einer Insel zwischen Donaukanal und der Donau liegt. Trotz der immer wiederkehrenden Überschwemmungen der damals noch unregulierten Donau wurde ab den 1840er Jahren das Gebiet zunehmend verbaut und besiedelt. 1867 beschloss daher der Wiener Gemeinderat die Errichtung einer Pfarrkirche, und Friedrich Schmidt, Professor an der Akademie der bildenden Künste und späterer Dombaumeister, wurde mit der Planung betraut.

Schmidt entwarf die Brigittakirche als dreischiffiges, basilikales Langhaus mit einer Zweiturmfassade sowie einem polygonalen Chor mit Chorumgang  im neogotischen Stil. 

Aus Kostengründen musste Schmidt allerdings am Außenbau auf typisch gotische Stilelemente wie Maßwerk, Fialen, Krabben etc., die teure Steinmetzarbeit erfordert hätten, verzichten. Er zeigte sich flexibel und griff  stattdessen mit Ziegelfriesbändern romanisches Dekor auf und ersetzte filigranes Maßwerk durch Formziegel.  Eine breite offene Vorhalle sowie wuchtige Strebepfeiler und kompakte Strebebögen verleihen dem Baukörper insgesamt einen massiven Habitus - möglicherweise wollte Schmidt in dem von wiederholten Überschwemmungen bedrohten Bezirk die Assoziation mit „Schutz“ und „Sicherheit“ anbieten.

Bemerkenswert ist, dass Schmidt mit der Zweiturmfassade und dem Chorumgang Elemente des Kathedralbaus aufgriff. Denn in der damals schwelenden Debatte um den „richtigen Kirchenbau“, wurden diese Bauelemente generell für eine Pfarrkirche als unangemessen abgelehnt. Indem sich Schmidt jedoch über diese gestalterischen Einengungen hinwegsetzte, ist es ihm gelungen, gerade mit diesen „Kathedral-Charakteristika“ der Kirche Monumentalität und damit einen identitätsstiftenden Mehrwert zu verleihen. Beim Chorumgang berücksichtigte er allerdings die vorgebrachten Einwände: da dieser bei einer Pfarrkirche tatsächlich keine liturgische Funktion innehat, ist er zum Innenraum hin abgemauert und, als Zugang zur Sakristei zum Nutzraum umfunktioniert, dient er vor allem der malerischen Bereicherung des Außenbaus.

Aus Kostengründen hat Schmidt den Kircheninnenraum sehr schlicht ausgeführt  und die Gewölbe der drei Schiffe nicht gemauert, sondern aus Holz hergestellt. Auf dekorative Ornament- und Wandmalereien wollte er jedoch nicht verzichten, "um durch Malerei das zu ersetzen, was an architektonischen Formenreichtum abgeht." 

 

 

Historismus