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Aktuelle Seite: Berndorf-Hl. Margareta
NÖS-24
Bez. Baden

Ludwig Baumann

1910-1917

Der Unternehmer Arthur Krupp, Inhaber der „Berndorfer Metallwaarenfabrik“(!), war ein großer Förderer des Ortes und Bauherr zahlreicher Arbeiterhäuser und sozialer Einrichtungen. Um die Jahrhundertwende beschäftigte er bereits rund 6000 Arbeiter, für die er nicht nur weiteren Wohnraum schuf, sondern gemeinsam mit seiner Frau Margareta auch einen Kirchenneubau stiftete. Für die Ausführung beauftrage er Ludwig Baumann, der als künstlerischer Direktor der Fabrik insbesondere für die städtebauliche Planung der Werksiedlungen sowie den Entwurf der Arbeiterwohnhaustypen zuständig war.

Der auf einer leichten Anhöhe gelegene Bau ist durch seine repräsentative Größe und aufwändige Gestaltungsweise beindruckend, erstaunlich ist die Wahl des neobarocken Stils. Als im 19. Jahrhundert der „richtige“ Stil für den Kirchenbau diskutiert wurde, war man einhellig der Meinung, dass der barocke Stil, den man mit weltlicher Macht sowie Reichtum und Sinnesfreude assoziierte, nicht für den Kirchenbau geeignet sei.

Die hier erfolgte Wahl des barocken Stils beruht nun keineswegs auf einem etwaigen ästhetischen Geschmackswandel oder einer moralischen Neueinschätzung der Barockepoche. Sie zeigt vielmehr paradigmatisch die tiefgreifenden Umwälzungen auf, die sich im 19. Jahrhundert im sozialen und gesellschaftlichen Gefüge der Donaumonarchie vollzogen hatten. (mehr hier) Waren früher allein das Herrscherhaus, der Adel oder der Klerus befugt – und finanziell auch in der Lage - eine Kirche zu stiften, so konnte nun auch ein wohlhabender Fabrikant diese Aufgabe übernehmen. Denn bemerkenswert ist, dass die einzige neobarocke Kirche in Wien ebenfalls von einem Fabrikanten gestiftet wurde, und zwar die Kaasgrabenkirche im 19. Bezirk (1910). Der Fabrikant tritt somit allegorisch in die Fußstapfen der Kirchen- und Landesfürsten als patriarchaler Wohltäter und Schutzherr.

Als Architekt des Historismus in den Stilen der Vergangenheit bestens ausgebildet und mit der ikonologischen Symbolik der Barockepoche vertraut, entwarf Baumann in diesem Sinn einen repräsentativen, möglichst „original“ wirkenden barocken Kuppelbau. Diese Originaltreue war dem Bauherrn offensichtlich sehr wichtig. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch wurden die im eigenen Werk hergestellten Kupferplatten für die Dacheindeckungen mit einer Säure behandelt, um der Kirche durch die Patina sogleich den Anschein eines Jahrhunderte alten Bauwerks zu verleihen.

Der ebenfalls von Baumann entworfene 20 Tonnen schwere Hochaltar wurde in der Berndorfer Metallgießerei hergestellt. Die zentrale, hoch aufragende überlebensgroße Bronzestatute der Hl. Margareta schuf der Bildhauer Ernst Hegenbarth. Sie zeigt die idealisierten Züge von Margareta Krupp, die in einer Hand das Kirchenmodell und die andere Hand schützend über eine kniende Frau hält. Einmal mehr bediente man sich damit traditioneller Symbolik, um den hierarchischen Rang zu legitimieren und die Rolle des Ehepaars Krupp als Stifter und Wohltäter zu unterstreichen.

Historismus