2294 Gem. Engelhartstetten
Markthof, auf der Dammkrone
1904-1905
Seit Jahrhunderten verursachte die Donau mit ihren zahlreichen Seitenarmen in Wien, den angrenzenden Dörfern sowie im Marchfeld durch regelmäßig auftretende Hochwasser schwere Schäden. Schon zur Zeit Maria Theresias wurden daher die Forderungen nach einer Regulierung der Donau erhoben. Aber erst die zunehmende Verbauung des Wiener Stadtgebiets, der Bedarf von Eisenbahn- und Straßenbrücken sowie die aufkommende Dampfschifffahrt führten 1850 zur Gründung einer Donau-Regulierungs-Kommission, die ein entsprechendes Projekt ausarbeiten sollte. Nach langen Überlegungen entstand der Plan, für die Donau eine neues Hauptbett herzustellen, ein Überschwemmungsgebiet anzulegen und Dämme zu errichten. Mit den Arbeiten wurde 1870 begonnen und 1875 wurde in Wien der „Donaudurchstich“ mit der ersten Dampfschifffahrt – mit dem Kaiser als prominenten Passagier - eröffnet.
Die gesamte Donauregulierung wurde mit der Errichtung des Marchfeld-Schutzdammes 1904 abgeschlossen und aus diesem Anlass erhielten der Architekt Max Hegele, der wenige Jahre später die Zentralfriedhofskirche in Wien errichtete, und sein Mitarbeiter August Rehak den Auftrag, am Endpunkt des Dammes beim Zusammenfluss der Donau und der March eine Gedächtniskapelle „Als Wahrzeichen des sicheren Fortbestandes der geschaffenen Anlagen“(WBIZ) zu errichten.
Die Gesamtkonzeption der Kapelle lässt vermuten, dass die Architekten zumindest die Pläne des Völkerschlachtdenkmals von Bruno Schmitz in Leipzig kannten, das sich gerade in Bau befand und weit über Deutschland hinaus viel Aufmerksamkeit erregte. Denn wie das Denkmal in Leipzig evoziert die burgartige Gestaltungsweise der – freilich bedeutend kleineren – Kapelle die Assoziation mit Dauerhaftigkeit und Sicherheit und beide Bauten liegen auf einer Anhöhe und sind über eine breite Treppenanlage erreichbar.
Die Architekten Hegele und Rehak konzipierten „als Sinnbild des dauernden […] Schutzes“ (WBIZ) einen massiven turmartigen Kapellenbau, der sich nach oben verjüngt und von einem steilen, steinernen Pyramidendach abgeschlossen wird. Eine mächtige Kaiserkrone an der Spitze soll auf die segensreiche Regentschaft Kaiser Franz Josefs verweisen. Der quadratische Bau aus mächtigen Steinquadern, die zum Teil geglättet, zum Teil kräftig bossiert sind, erinnern an mittelalterliche Burgen. Dekorative Details, wie runde Ecktürmchen und Rundbogenfensterchen im oberen Geschoss und die Eisentüren mit zartem Jugendstilmuster verweisen auf die Gestaltungsweise im späten Historismus.
Große Rundbogenfenster mit eingestellten Säulchen belichten den schlicht gestalteten Innenraum, an dessen Seitenwänden zwei Texttafeln an die Errichtung des Schutzdammes und der Kapelle erinnern.
Die Donauregulierung zählt zu den bedeutendsten städtebaulichen Maßnahmen und technischen Leistungen des 19. Jahrhunderts und die Architekten Hegele und Rehak haben mit der imposanten Gedächtniskapelle diesem kühnen Unterfangen ein eindrucksvolles Denkmal gesetzt. Dank der ausgeklügelten Konstruktion und der regelmäßigen Wartung hielt der Marchfeldschutzdamm vielen Hochwassern Stand. 2014-2019 wurde eine Generalsanierung vorgenommen.