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Aktuelle Seite: Ma. Enzersdorf-Südstadt
NÖS-164
Bez. Mödling

Gerhard Düh

1969-1970

Im Jahr 1955 verlegten die Landesgesellschaften NEWAG und NIOGAS (heute EVN) den Sitz der Generaldirektion von Wien nach Niederösterreich. Bei der Planung des Verwaltungsgebäudes wurde beschlossen, für die Angestellten auch Wohnmöglichkeiten sowie kommunale Einrichtungen zu schaffen. Das Konzept wurde mehrmals geändert und es entstand schließlich die „Gartenstadt Süd“, die heute als „Südstadt“ rund 5000 Einwohner zählt. Mit der Errichtung wurde 1958 begonnen, 1963 konnten die ersten Bewohner einziehen. Für die Sonntagsmessen stellte die NEWAG-NIOGAS ihr Foyer zur Verfügung.

1966 wurde mit der Planung eines Seelsorgezentrum begonnen und ein Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem Roland Rainer zu den Juroren zählte. Es wurden zwei erste Preise vergeben, von denen das Projekt von Gerhart Düh zur Realisation bestimmt wurde. Der junge Architekt hatte gerade sein Architekturstudium abgeschlossen, jedoch noch keine Architektenbefugnis erhalten, sodass sich Hannes Lintl als „Befugnisgeber“ zur Verfügung stellte.

Aus finanziellen Gründen sollte vorerst nur der Kirchenbau realisiert werden. Düh entwarf einen zweistöckigen, flach gedeckten Zentralraum, dessen zurückgesetztes Obergeschoss im Inneren auf Säulen ruht, die den niederen Umgang vom hohen Hauptraum trennen. Der Baukörper ist durch Sichtbetonpfeiler strukturiert und mit Fertigteilen aus rötlichem Leca-Waschbeton ausgefacht.

Bemerkenswert ist die Innenausstattung. Auf Wunsch der Pfarre sollte „der Raum für alle gemeinschaftlichen Betätigungen der Gemeinde geeignet sein“. Dem entsprechend konzipierte der Architekt einen puristischen, fast gänzlich leeren Innenraum, in dem allein die Wandkonstruktion und die Belichtung die Raumatmosphäre bestimmen. Der Altartisch aus Travertin ist das „einzige Fixum im Kirchenraum“ und ist auch der einzige Hinweis auf den vorrangig sakralen Verwendungszweck. (Der Plan, einen mobilen Altar zu errichten, wurde von Erzbischof Jachym untersagt.) Leichte Einzelstühle können je nach Bedarf aufgestellt oder im Umgang gestapelt werden. Ein Teppichboden verleiht dem Raum „fast die Qualität eines Wohnzimmers“. Die Leere und Kahlheit des Innenraums wirkten anfangs auf viele irritierend. Später lernte auch die Kirchengemeinde diese “ikonographische Armut“ schätzen, da sie bei kirchlichen Festen, aber auch bei profanen Veranstaltungen äußerst flexible Gestaltungsweisen ermöglicht.

Zum eigentlichen Ort des Sakralen wurde die Werktagskapelle. Hier befinden sich der Tabernakel und all jene kirchlichen Attribute, die in dem multifunktionalen Konzept des Hauptraums keinen Platz fanden.

Die in den Raum gestellte Vermutung, dass ein steinzeitlicher Tempel als Planungsvorlage gedient habe, bezeichnet der Architekt als „puren Nonsens“. Vielmehr erinnert Dühs Grundsatz, „dass ein Haus den Benutzern entsprechen muss, damit es den Zweck erfüllen kann“ an Otto Wagners theoretische Überlegungen, dass die moderne Architektur den Bedürfnissen des modernen Menschen angepasst sein müsse. In diesem Sinne schuf Düh nicht nur den zweckmäßig multifunktionalen Hauptraum der Kirche. Wie Wagner hat er auch konstruktiv oder technisch notwendige Elemente aus „Konstruktion, Zweck und Material herausgebildet“, wenn er etwa den Ansatz der Dachrinnen als gekröpftes Gesims zum architektonisch betonten Abschluss des Baukörpers formuliert. An Wagner Postsparkassa erinnern zudem die Luftheizungskörper im Kircheninneren, die als edel gestaltete Stahlzylinder zum ästhetischen Blickfang aufgewertet sind.

Am Außenbau hat ursprünglich nichts auf einen Kirchenbau verwiesen. Erst später wurde an der Fassade ein Stahlkreuz angebracht. Der freistehende, niedere Glockenturm ist weit vom Kirchenbau abgerückt.

Zwölf Jahre später wurde Gerhard Düh auch mit der Planung und Erbauung des Seelsorgezentrums betraut.

20. Jhd.