2103 Langenzersdorf
Dirnelwiese, Krottendorfer Straße 50
1982-1983
Im Zuge der Donauregulierung (1870-75) wurden zahlreiche Donauarme zugeschüttet und die neu entstanden Flächen im Laufe der folgenden Jahrzehnte besiedelt. Auch die “Dirnelwiese“, heute ein Ortsteil von Langenzersdorf, war einstmals ein Donauarm. Ab 1920 konnte sie als Bauland genutzt werden und insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden zahlreiche Siedlungshäuser.
Auf Grund der großen Entfernung zur Pfarrkirche in Langenzersdorf wurde 1957 eine alte Militärbaracke erworben, unter Mithilfe der Bevölkerung aufgestellt und als Kirche adaptiert. Die zunehmende Bevölkerungszahl erforderte jedoch bereits 10 Jahre später eine Vergrößerung des Gebäudes.
Ende der siebziger Jahre war die alte Militärbaracke bereits sehr baufällig. Da eine Instandsetzung des bestehenden Gebäudes nicht mehr sinnvoll war, wurde schließlich im Herbst 1981 der Beschluss zum Kirchenneubau gefasst.
Auf Vermittlung von Erzbischof Dr. Franz Jachym konnte der Architekt Roland Rainer für den Kirchenneubau gewonnen werden. Die byzantinische Bauweise aufgreifend, entwarf Rainer einen oktogonalen Zentralbau und gemäß den Richtlinien des 2. Vatikanums errichtete er den Altar als Zentrum der Gemeinschaftsfeier in der Mitte des Raumes. (mehr hier) Dem Oktogon folgend sind die Kirchenbänke um den Altar aufgestellt. Das hohe achteckige Pyramidendach wird von einem schlanken Türmchen bekrönt, durch dessen gläsernen Turmspitze das Licht auf den Altar fällt und damit dessen Bedeutung als Mittelpunkt der liturgischen Feier betont.
Der Innenraum ist „von überwältigender Klarheit und Schlichtheit“. Die Ausfachung des Daches mit Holz sowie eine aus Holzpaneelen gestaltete Altarwand erzeugen eine stimmungsvolle Atmosphäre.
Das Kirchengebäude, der in einiger Entfernung errichtete achteckige Turm sowie der Altar wurden „mit den einfachsten Mitteln, wie es einer materiell armen Gemeinde von Siedlern am Rand einer Großstadt entsprochen hat, aus den Abbruchziegeln alter Häuser errichtet.“ (Roland Rainer)
Bereits Ende des Jahrhunderts zeigte sich, dass die Kirche zu klein bemessen war. 2005 wurde daher ein Nebengebäude – ebenfalls mit alten Ziegeln - errichtet, der nun neben der Sakristei und diversen Pfarrräumen auch eine Werktagskapelle erhalten hat.
Roland Rainer war einer der bedeutendsten Architekten der Nachkriegszeit und ist vor allem als Erbauer der Stadthalle in Wien 15. sowie des ORF-Zentrums in Wien 13., bekannt geworden. Große Beachtung fanden auch die Siedlungen, die er gemäß seiner Idee eines humanen Wohnens im verdichteten Flachbau konzipierte.
Erst nach Rainer Tod im Jahr 2004 setzte der wissenschaftliche Diskurs zur Bewertung seine NS-Mitgliedschaft ein, die er in seiner Biographie verschwiegen hatte.