1020 Mexikoplatz
1898-1903
1903 -1913
Im Jahr 1898 wurde anlässlich Kaiser Franz Josephs 50-jährigem Regierungsjubiläum ein Wettbewerb für die Erbauung einer Kirche im Bezirk Leopoldstadt (Wien 2) ausgeschrieben. Als Bauplatz wurde der unmittelbar neben der Kronprinz-Rudolf-Brücke (Reichsbrücke) gelegene Erzherzog Carl-Platz (Mexikoplatz) bestimmt.
In diesen Kirchenbau wurden große Erwartungen gesetzt. Vor allem sollte dieser größte Sakralbau des ausgehenden 19. Jahrhunderts als monumentales Denkmal auch „für kommende Jahrhunderte und Generationen“ die Erinnerung an die „Größe des Hauses Habsburg wachhalten“. Da eine bedeutende Ausdehnung der Stadt Wien jenseits der Donau erwartet wurde, sollte darüber hinaus den Bewohnern der künftigen Stadtteile die Kirche als Wahrzeichen einen bedeutsamen Blick- und Identifikationspunkt bieten. Nicht zuletzt sollte der Neubau für die unmittelbar davor fertig gestellten Erzherzog Albrecht- bzw. Erzherzog Wilhelm Kaserne auch als Garnisonkirche zur Verfügung stehen.
Nach der Ermordung Kaiserin Elisabeths im September 1898 wurden die Wettbewerbsteilnehmer aufgefordert, eine „Elisabeth-Gedächtniskapelle“ in den Kirchenbau zu integrieren.
Von 44 Wettbewerbsteilnehmern wurde dem Architekt Viktor Luntz, ehemaliger Schüler von Friedrich Schmidt und Professor an der Akademie der bildenden Künste, für sein aufwändiges, vielgliedrig konzipiertes Projekt der 1. Preis zuerkannt. Sein, wie es hieß, „plump monströser“ Entwurf stieß allerdings auf heftige Ablehnung, die Jury wurde der Manipulation verdächtigt und in Folge sogar eine Neuaustragung der Konkurrenz eingefordert. Dessen ungeachtet erhielt Luntz schließlich den Auftrag, die Baupläne – allerdings für eine kostengünstigere Variante - auszuarbeiten. Nachdem er mehrere Entwürfe vorgelegt hatte, wurde im September 1902 mit dem Bau begonnen, der vom ursprünglichen Projekt jedoch beträchtlich abweicht.
Schon ein Jahr nach Baubeginn verstarb Viktor Luntz, und August Kirstein, ebenfalls ein ehemaliger Schüler Friedrich Schmidts und Gewinner des 3. Preises dieses Wettbewerbs, wurde mit der Weiterführung des Baus betraut. Kirstein hielt sich bei der Gesamtkonzeption weitgehend an den Entwurf von Luntz. Bei der Gestaltung der Fassaden und des Vierungsturmes nahm er jedoch einige Änderungen vor.
Der Bau ist nach der Stephans- und Votivkirche die drittgrößte Kirche Wiens und als einzige der im ausgehenden 19. Jahrhundert errichteten Kirchen aus teurem Steinmaterial erbaut.
Luntz war ein profunder Kenner der mittelalterlichen Stile und galt schon zu Lebzeiten als der letzte bedeutende „Gothiker“. Befremdend ist daher, dass er für die Gestaltung dieses wichtigen Kirchenbaus dennoch den neoromanischen Stil wählte. Luntz selbst erklärte, dass ihm die romanischen Dome des Rheinlandes als Vorbild dienten. Deren malerische Gruppierung und reiche Silhouettierung wurde damals sehr geschätzt, und diese Kriterien waren auch eine wichtige Vorgabe in der Wettbewerbsausschreibung. Allerdings wurde aus finanziellen Gründen die von Luntz vorgesehene Vieltürmigkeit des Baukörpers nicht realisiert. Eine überzeugend malerische Wirkung zeigt das Bauwerk indessen an der vielfältig gegliederten Chorseite, die zur Donau, einem damals wichtigen Verkehrsweg, gerichtet ist.
In der Zeit des Historismus spielten bei der Wahl des Stils jedoch neben den ästhetischen Aspekten auch symbolhafte Bezüge eine große Rolle. Der romanische Stil wurde nicht nur mit großer Frömmigkeit assoziiert, sondern auch mit Dauerhaftigkeit, Mächtigkeit (Macht) und Jahrhunderte währende Tradition. (mehr hier) Folgerichtig hat Luntz diesen Stil für die Errichtung des „Denkmaldoms“ gewählt, um mit Hilfe dieser ideellen Werte die Bedeutung des Hauses Habsburg zu bekräftigen und zu beschwören. In diesem Sinn erhält die Wahl des neoromanischen Stils insofern auch ihre Plausibilität, dass die Habsburger als legitime Nachfolger der Babenberger ihren Machtanspruch tatsächlich schon aus der Zeit der Romanik herleiteten.
Trotz aller Bemühungen, für den Kaiserdom in allen(!) Ländern der Monarchie – spendenfreudige - Begeisterung wachzurufen, versiegte der anfänglich Spendenzufluss schnell und als die Kirche im November 1913 geweiht wurde, hatte das Geld für die Kircheninnenraumgestaltung nicht mehr gereicht. Die von Luntz vorgesehene Bemalung der Wände wurde nicht ausgeführt, die Plätze für die Seitenaltäre blieben leer und der Hochaltar war als Provisorium billig erstanden worden. Er steht nun im linken Querschiff, der heutige Hauptaltar wurde erst 1964 von Seckau übertragen. Allein die Kirchenfenster waren mit den Darstellungen der 12 Apostel planmäßig ausgeführt worden, sie wurden allerdings im 2. Weltkrieg zerstört. Der für die Weihe provisorisch errichtete hölzerne Portalvorbau besteht noch immer…
Die Elisabethkapelle ist hingegen äußerst kostspielig und prunkvoll ausgestattet. Nach dem gewaltsamen Tod der Kaiserin wurde sie von der Bevölkerung sogleich zur Märtyrerin stilisiert und Elisabeth erlangte eine Beliebtheit, die sie zu Lebzeiten zwar niemals genießen konnte, die jedoch nun eine große Spendenfreudigkeit bewirkte. Nach dem Entwurf von August Kirstein wurde die Wände der Kapelle opulent und kostbar mit byzantisierenden Mosaiken und verschiedenfarbigem Marmor geschmückt, auch der Altar und der Fußboden sind in Marmor ausgeführt und die blau gebeizten Kirchenbänke mit intarsienartiger Blattvergoldung versehen.
Mit dem Ende der Monarchie schwand endgültig das Interesse an einem Denkmaldom für die Habsburger Dynastie. Die Kirche ist - weit vom Stadtzentrum entfernt - heute weitgehend unbekannt, der Hauptraum erhielt erst Ende des 20. Jahrhunderts seine heutige Ausstattung.