3744 Gemeinde Meiseldorf
Stockern 35
1907-1908
In dem kleinen Ort Stockern wurde im 18. Jahrhundert eine Kirche erbaut. Da der Bauplatz in einem sumpfigen Gebiet lag, wurde die Kirche durch die Feuchtigkeit zunehmend desolat und schließlich unbenutzbar. Im Jahr 1907 wurde daher ein Neubau auf einem besser geeigneten Grundstück beschlossen. Die alte Pfarrkirche ließ bzw. lässt man verfallen, sie steht - bereits in sehr ruinösem Zustand - heute noch in der Nähe des Schlosses. Mit der Auflage „mit einer kleinen Bausumme eine große Kirche“ zu errichten, wurde dem Wiener Stadtbaumeister Carl Steinhofer der Bauauftrag erteilt. Obwohl er keine akademische Ausbildung erhalten hatte, also kein Schüler von Friedrich Schmidt war, plante er einen neogotischen Sichtziegelbau, dem unverkennbar die Kirchenbauten des bedeutenden Wiener Architekten als Vorbild dienten.
Dem Auftrag gemäß ist die Kirche tatsächlich erstaunlich groß dimensioniert. Sie ist für rund 600 Gläubige konzipiert, obwohl der Ort damals nur rund 200 Einwohner verzeichnete. Die Größe allein muss sich in den Errichtungskosten niedergeschlagen haben. Bemerkenswert ist dann aber die zusätzliche, sehr aufwändige und damit durchwegs kostspielige Gestaltungweise des Baukörpers. Polygonal gestaltete querhausartige Formulierungen am Langhaus, Kapellenanbauten am Chor, Treppentürmchen und weitere Anbauten verleihen dem Bauwerk insgesamt einen malerisch gegliederten, repräsentativen Habitus, der durch den großzügigen Einsatz von wie teurer Sandstein wirkenden Elementen aus Portlandzement-Stampfbeton unterstrichen wird.
Zur Finanzierung des Kirchenneubaus wurden drei aus der alten Pfarrkirche stammende Gemälde von Kremser Schmidt nach Wien verkauft. Vielleicht war der Erlös doch höher als zunächst gedacht?
Die ebenfalls aufwändige Innenausstattung ist einheitlich im neogotischen Stil gestaltet. Die Stampfbetonaltäre und Kunststeinfiguren stammen von Josef Riffesser, die Polychromierung der Wände mit Schablonenmalerei wurde von Siegmund Heilmann ausgeführt.